Die schmotzigen Spagetti – ein 10 Minuten Gericht mit Fotos
Es ist Donnerstag, dein Motorrad verbringt seine Fastenzeit in der Eiseskälte unter dem Carport, und deine Frau ist gerade aus Meersburg zurückgekehrt. Da hat sie den Fasnetumzug fotografiert, und jetzt hat sie viel zu erzählen. Kochen? Heute? Am Schmotzigen Dunstich? A ist das einfach unpassend, heute arbeitet man nicht, und B muss sie unbedingt die Fotos auswerten. Und sie, die um das Zusammenspiel weiß von Herd, Gemüse, Brühe, Olivenöl, Knoblauch und Scampi, schlägt einen schlichten Satz Stullen vor mit sieben Radieschen und schon hat sie den PC angeschmissen, die SD-Karten eingeschoben und ist nicht mehr zu sprechen.
Der Abend kommt und in dir grummelt nicht nur der Magen.
Aber erst einmal muss sie dir die Fotos zeigen.
Mit einem Satz Brezn und Pfefferbeißer von Oberuhldingen den Roggersberg hoch, dann durch den lichten Winterwald herunter zum Tobel, hoch über die Weinberge und abwärts ins winterlich stille Meersburg.
Da waren die Schwaben los. Auf der Promenade Einmarsch der …
Konschtanzer Schnipp-Schnapps und …
des Niederburger Jokele, 18 Mal geklont.
Es folgten die Hänsler mit ihren Karbatschen …
… samt Kleinfamilie und …
… Großmutter.
Die wollten alle in die Innenstadt gleich neben der Promenade.
Im Zentrum das reife Ehrenpaar, …
… hinweggespült von den Pussy Riots à gogo.
Aber die Zuschauer warteten auf den …
… räuberischen Besenbinder aus Stetten, …
… und die Touristen konnten lesen, was es mit dem bösen Buben auf sich hatte.
Nur die närrischen Hanni und Nanni waren noch böser.
Okay, schöne Fotos. Aber jetzt ne Stulle? „Weißt du was“, hörst du dich sagen, „ich koche heute.“
Sie schaut dich mit großen Augen an. Sie weiß, du gehörst zu der Sorte von Bikern, für die Kochen aus dem Auftauen eine Froster Lasagne besteht, zack in die Mikrowelle und zack steht die duftende Pasta auf dem Tisch.
Was sie nicht weiß: Du hast eine Vision. Du hast heute auch Fotos geschossen, nicht so schöne wie deine Frau, eher von erdiger Qualität. Du warst beim Kindergarten. Da war die Hölle los. Da wurde der Schmotziger Dunnschdig gefeiert – mit der lokalen Mütter- und Väterkapelle.
In deiner Vision taucht auf dein Vater, ein total unbegnadeter Koch, aber ein begnadeter Träumer und großer Improvisator.
Wie war der schon längst bei seinen Vätern ruhende Vater umgegangen mit der Notlage, als seine Frau für eine Woche zur Fortbildung musste und sein Sohn ihn mit hungrigen Augen anschaute? Er hat aus drei Grundzutaten eine Pasta zusammengerührt, die in ihrer germanischen Rustikalität unauflöslich verbunden ist mit all deinen Kindheitserinnerungen.
Und wenn du bedenkst, dass es sich bei dem Schmotziger Dunnschdig nicht um einen schmutzigen, sondern um einen fettigen Donnerstag handelt, an dem fettiges Backwerk wie etwa die Nonnenfürzle verzehrt wird, dann hast du auch schon einen Namen für die väterlichen Nudeln: schmotzige Spagetti.
Die drei Grundzutaten (für zwei Personen)
– 200-250 g Spagetti
– 2-3 Käseecken Schmelzkäse
– 1½ – 2 Mettenden (alias Knackwurst, Rauchende, polnische Knacker etc.)
Dazu noch Wasser und Salz.
Du hast keinen Schmelzkäse im Haus, weil du dich vor diesem Käsematsch ekelst? Kein Problem, dafür hast du natürlich einen saftigen Red Leicester oder einen Cheddar im Keller. Der klebt dir nicht nur die Zahnlücken zu, der entfaltet in den heißen Spagetti ein Aroma, das die Düfte des Ärmelkanals in deine Küche wehen lassen.
So gehst du vor.
Die Wurst in 1cm dicke Scheiben schneiden, den Schmelzkäse diagonal halbieren bzw. den Käse grob raspeln.
Die Spagetti in reichlich Salzwasser geben, dabei am Anfang sorgsam umrühren, damit sie nicht kleben, dann maximal 10 Minuten in leicht sprudelndem Wasser al dente kochen.
In der Zwischenzeit die Wurstscheiben in heißer Margarine auf beiden Seiten kross braten, alles durch ein Sieb geben, damit das Fett abfließt, und warm stellen.
Wenn die Spagetti ihre Zeit erreicht haben, auch in das Sieb, dann wieder in den Topf, den Topf auf die ausgeschaltete Herdplatte, um das Restwasser verdampfen zu lassen. Jetzt den Käse gut unterrühren und die Wurst hinzugeben.
Hinweis: Das Essen hat Power, setze es daher nur in der Fasnacht, der Nacht vor dem großen Fasten, auf die Speisekarte.