Penne con salmone affumicato – Penne mit Räucherlachs

Wie ich bereits vor einiger Zeit festgestellt habe, hat mein Blog „Biken und Kochen“  seinen Zweck erfüllt: Das Motorrad als Medium der Erinnerung. Viele Erinnerungen haben mich mit Freude erfüllt, andere mit Wehmut, einige habe ich für mich behalten, und einige findet ihr in dem Roman „Sieben Tage bis Arles“ wieder.

Der Roman wie auch ein weiteres Schreibprojekt sind auch der Grund, dass die neuen Texte in diesem Blog einen etwas anderen, einen fiktiveren Charakter haben werden, etwa wie dieser:
Penne con salmone affumicato, panna e pachino oder Penne mit Räucherlachs, Sahne und Kirschtomaten.

1. Die Geschichte zum Rezeptk-2-weinstocke-grau

Dezember, grau, feucht, der Bodensee unter einem beharrlichen Nebel begraben, die Bonnie hat sich eingerollt, die Batterie hängt an der Wartungsstation und wird jung gehalten, so gut das eben geht, der k-16-12-11 Winter 2 grau.jpgFrühling ist in weiter Ferne, und die Gedanken wissen nicht so recht, wohin.

Da taucht auf aus diesem grauen Nebel Johannes Sandmann und versaut mir die Stimmung endgültig.

Johannes (Johnny) Sandmann, der fuhr mal eine wunderschöne bordeauxrote Suzuki Bandit, die Bandit, die noch über den gestopften Auspuff gedrosselt war, spendierte seinem Prachtstück ein ungestopftes Rohr, und die 1200cc bedankten sich für ihre Befreiung mit einem enormen Wumm. Meine Yamaha wollte vor Scham in dem Boden versinken.
Was habe ich ihn um sein Bike beneidet!
Dann kam die Beförderung zum Schulleiter, dann kamen der Schlips und der Kragen, und dann war die Maschine weg. „Irgendwie brauch ich die nicht mehr“ – Wozu er sie „gebraucht“ hatte, behielt er für sich. – „Und außerdem, ich habe mir ein Pedelec gekauft, das ist gesünder.“ Pause. „Und vor allem ökologisch nachhaltiger.“
Und dann: „Wir feiern übermorgen mit einer kleinen Grillparty Marlenes Beförderung zur stellvertretenden Schulleiterin an der Pestalozzischule. Komm doch vorbei.“

Übermorgen war ich da. Meine Bonneville, die Yamaha hatte ich schon lange nicht mehr, parkte ich neben Johnnys Garage, in der ein schwarzer SUV seine sechs Zylinder ruhen ließ.
„Hallo, Johnny“, rief ich, als er die Tür öffnete. „Sag einfach Johannes, Johnny nennt mich keiner mehr. Na kommt rein.“ Er sah meine Bonnie. „Du fährt immer noch Motorrad?“
Drinnen empfing mich die frisch gebackene Stellvertreterin. Ich überreichte ihr meine Eintrittskarte für die Grillparty. Ein Satz Cevapcici, selbst angemischt, selbst gerollt.
„Oh“, sagte sie peinlich berührt, „wir essen gar kein Fleisch mehr, wir haben unsere Ernährung umgestellt.“ Pause. „Aber es werden sicherlich einige hier sein, die noch Fleisch essen.“
Nun, wer hat heute nicht alles seine Ernährung umgestellt. Aber dass Marlene peinlich berührt war, erstaunte mich schon. Sie, die lachend über ihre Hormonbehandlung berichtet hatte („Wir wollen doch mal meinem Eisprung auf die Sprünge helfen.“), um ebenso lachend zu verkünden, als Zwillinge angesagt waren: „Natürlich Kaiserschnitt, ich will doch nicht meinen Lustkanal verunstalten lassen“.
Na, wir werden alle ruhiger mit dem Alter und mit der Beförderung. Ich legte meine Cevapcici neben Champignon-Tomate-Paprika-Spieße, Maiskolben und Halloumiwürfel, dem Grillkäse, der musikalisch zwischen den Zähnen quietscht.
Rechts und links Blicke von spöttisch bis feindselig. Oh Gott, vor ganz vielen Jahren hatte ich in einem Selbsthilfekindergarten meinem kleinen Sohn eine Flasche KinderCola mitgebracht. Da wusste ich, wie man sich als Klassenfeind fühlt.
„Ah“, sagte ich, als ich eine Grillschnecke sehe, „eine Grillschnecke, lecker.“
„Die ist vegan“, belehrte mich ein Dame mit rotem Haar, dem eine grüne Strähne einen frivolen Touch zu geben suchte, „und der Senf auch.“
Sie schaute mir strafend in die Augen und drehte den Kopf. „Hallo Anna“, rief sie, „hast du schon die leckeren Broccolicracker probiert?“
Anna hatte nicht. Anna hatte eine Broccoli-Laktose-Intoleranz. (Anna: „Dabei habe ich immer leidenschaftlich gern Broccoli mit einer Sauce Mornay gegessen. Aber was willst du machen!“)
Und wie Anna lang und breit ihre Intoleranzen ausbreitete (Schwindel, Harndrang, Durchfall), leider aber kein Herzrasen anführen konnte, dachte ich: Du arme Sau, an deinen Intoleranzen musst du noch arbeiten.

Irgendwie fühlte ich mich allein.
Man sprach über Asylanten (Alle hatten noch keinen erlebt, wussten aber genau, wie er tickt.), über fake news (Dahinter stehen die Russen!) und vor allem über die Perversion der menschlichen Ernährung.
Johannes gab sich liberal. Er ist Flexi. Also Fisch ist doch was Feines, allerdings nicht aus so einer verseuchten Aquakultur. Er fährt immer mit seinem SUV nach Friedrichshafen zu Fischer Knobloch. Da holt er seine ökologisch durchtrainierten Bodenseefelchen.
Irgendwo rauschte das Klo. Anna hatte wohl doch ein Häppchen Laktose erwischt. Die Laktose ist ja eigentlich vegan, aber dann vielleicht auch wieder nicht.
Marlene kicherte. Der Bodensee Proscecco, Gran Cru und 9,90 die Flasche, hatte es in sich. k-14-4-bodensee-proseccoSie hätte ihre Zwillinge nie gestillt. „Muttermilch“, erklärte sie, „ist eben auch nur unbehandelte Milch und vollgeknallt mit laktoralem Milchzucker.“
Raunen. Jetzt wussten es endlich alle: Die gesäugte Menschheit als Opfer einer verantwortungslosen Müttergeneration.
„Ach ja, die Zwillinge“, seufzte Marlene, „Die schlafen leider so schlecht. Schon eineinhalb Jahre alt und schlafen nicht durch.“
„Hast du es mal mit Schlaftabletten versucht?“ schlug Sabrina vor, die als Verkaufsleiterin eines großen Modegeschäftes viel um die Ohren hatte, „bei uns war das wie eine Erlösung.“
Die nun folgende Diskussion über das Für und Wieder von Schlaftabletten bei frühkindlicher Durchschlafunwilligkeit hatte ich nicht mehr verfolgt. Ich erhob mich unbemerkt, griff mir eine Flasche Bier und schlich mich auf die dunkle Terrasse.
Da stand eine Frau und verschlang meine Cevapcici.
Die Frau schaute mich schuldbewusst an. „Die konnte ich doch nicht kalt werden lassen, ist doch schade um das schöne Fleisch.“ Sie machte eine kurze Pause. „Die sind echt gut.“
„Ich weiß“, sagte ich, „lass mir noch was übrig.“
Dann leerten wir gemeinsam die Bierflasche.

Die einsame Fleischesserin hieß Salome. „Salome“, sagte ich, „die Frau mit den sieben Schleiern und dem großen Geheimnis.“ Ihr Augen schauten mich dunkel an.
Jetzt sitzt sie neben mir im Wohnzimmer. Ihre Augen sind immer noch dunkel, aber das Haar ist über die Jahre heller geworden. Sie recherchiert, sie macht Reisepläne . Zwischen Mausklick und Zwischenspeichern fragt sie: „Was gibt es denn heute Abend zu essen?“
„Ich weiß es nicht, wir haben nichts eingekauft.“
Ich überschlage den Inhalt der Gefriertruhe. Da schlummern noch ein paar Garnelen (Aquakultur pur). Ich gehe zum Kühlschrank. Da sehe ich einen Rest Stremellachs (geräucherte Aquakultur), einen angebrochenen Becher laktosegeschwängerte Crème fraîche.
„Wie wär‘s mit einer Pasta mit Räucherlachs und Sahne. Das kriege ich gerade zusammen.“
„Fein“, sagt sie, „das machst du schon.“
„Erinnerst du dich noch an Johannes und Marlies?“
„“Oh, bloß die nicht. Willst du mir die Stimmung verderben. Ich bin gerade in Florenz.“
Florenz, wie passend. Ich mache mich an die Arbeit und hole die Garnelen aus der Truhe, damit die vom Frost befreit werden.

– Wie? Was? Und jetzt? Wo sind die Penne? Wo ist der Lachs?
– Die haben sich kichernd im Rechner versteckt. Bis zur nächsten Woche habe ich sie in ihrem Versteckt aufgespürt – versprochen.

Da sind sie!
2. Das Rezept
Da die Italiener verliebt sind in Pasta und Räucherlachs, gibt es auch zu diesem Rezept eine Unmenge an Varianten. Dies ist heute meine Variante. Morgen kann sie schon anders aussehen.

Heute habe ich mir für uns beide bereitgelegt:
1 kleine Zwiebel gehackt
1 mittelgroße Knoblauchzehe gehackt
3 EL Olivenöl
ca 120 g Stremellachs grob gebröckelt (statt des Räucherlachses)
6 gepulte Garnelen
70 dl trockener Weißwein
2 gehäutete und gewürfelte mittelgroße Tomaten.
oder 6 Kirschtomaten geviertelt
½ Paprikaschote in Streifen geschnitten
150 g kurze Röhrennudeln. Eigentlich Penne, aber ich hatte nur noch eine Packung Traktornudeln aus dem Shop des Traktormuseums. Ganz lecker.
50 g Crème fraîche
50 g Hüttenkäse mit Kräutern
Petersilie klein geschnitten nach Bedarf
Salz und Pfeffer
Reibekäse nach Bedarf.

Und dann geht es los.
Zwiebel und Knoblauch in Olivenöl andünsten, die noch einmal geteilten Paprikastreifen hinzu und mit Weißwein löschen.
Alles etwas einkochen lassen, dann die gewürfelten Tomaten und die Garnelen unterheben.
Auf kleiner Flamme ca. 5 Minuten köcheln lassen
Die Crème fraîche unterrühren und mit Salz und Pfeffer würzen.
Alles zusammen mit dem zerbröselten Lachs unter die gekochte Pasta heben und mit der Petersilie bestreuen.
Dazu Reibekäse. Die eine steht auf Gouda, der andere auf Parmigiano, und wer sich für einen Pecorino entscheidet, beweist eine lobenswerte Experimentierfreudigkeit.

Wieso ich diese Nudeln im Schrank hatte? Die hat mir eine liebe Oldenburger Seele aus dem Traktormuseum in Oberuhldingen geholt. Warum? Weil da ein alter Lanz Trecker steht. Mit solch einem Gerät ist diese Seele als Kind über den Acker gerüttelt, und so ein Ding rüttelt auch hier (2. Teil!).

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