Portugiesischer Fisch mit Reis- Peixe à portuguesa com arroz (Der Fisch)

Portugiesischer Fisch mit Reis- Peixe à portuguesa com arroz

Der Fisch

Wir alle haben unsere Träume. Ich hatte als Teenie drei: Tauchen, Biken und Portugal. Warum Tauchen? Weil ich 1955 Hans Hass und „Das Unternehmen Xarifa“ im Dorfkino gesehen hatte. Warum Biken? Weil im Nachbardorf Udos rote BMW R 35 S auf dem Hof stand, gegen die unsere BMW Isetta ein Lacher war. Und warum Portugal? Weil meine große Schwester nach Portugal geheiratet hatte, was in den Endfünfzigern des letzten Jahrhunderts eine kleine Sensation in einem kleinen Dorf war. Die Sensation wurde richtig sensationell, als mit dieser internationalen Connection auch Rosa aus dem fernen Vila Nova kam – und mit ihr die portugiesische Küche.

Rosa war ein bizarres Mädchen von einigen dreißig Jahren, aber kochen konnte sie, da war so gar mein Vater total verzaubert. Vor allem, wenn sie ihre Spezialität auf den Tisch brachte: „Portugiesischen Fisch – Peixe à portuguesa com arroz“. Nach diesem Fisch wurde mein Vater süchtig. Ich habe seine Sucht geerbt.

Was du für zwei Personen investieren musst, ist übersichtlich und in 20 Minuten erledigt:

Für die Fischpfanne:

  • ein superscharfes Küchenmesser
  • eine schwere Eisenpfanne, am besten eine beschichtete
  • einen Schellfisch (Kabeljau tut es auch, Rotbarsch ist ein Stilbruch, Seelachs ein Verbrechen) ohne Kopf, ca. 600 g schwer. Größer werden sie heute immer seltener. Sollte doch mal ein Großer ins Schleppnetz gegangen sein, dann greifst du dir das Schwanzstück.
  • zwei bis drei Knoblauchzehen
  • eine Zitrone
  • frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
  • Salz
  • Butterfett
  • Mehl zum Panieren

Für den Reis:
Ich ziehe ein Risotto vor. Wie mein Risotto aussieht, erfährst du hier.

Und so  gehst du vor

1. Du filetierst und enthäutest das geduldige Tier.

Was sagst du? „I gitt, wie geht denn das?“

Da  bin ich aber erstaunt. Deiner Kette greift deine fettverschmierte Hand lustvoll in die Glieder, die Ventilchen streichelst du mit öligen Pranken, um ihnen das sanfte Schnurren zu entlocken, dass deine Augen in milder Ekstase zum Kreisen bringt, und da schreckst du vor einem simplen Fisch zurück? – Du musst noch an dir arbeiten, mein Freund. Also klicke hier zum Filettieren und zum Enthäuten klicke hier.

2. Du hast du die Flachwitze überstanden? Sauber, du bist ein Steher, du darfst weiter machen mit der Feinarbeit und die sieht so aus:
Die Filets säbelst du in Stückchen von der Größer einer halben Hand (Ich habe Größe M). Dünn müssen die Stücke sein, auch die der hohen Rückenteile. Alles über 1cm Höhe ist total unportugiesisch. Rosas rundliche flinken Händen veredelten die hohen Rückenteile mit einem flotten Schmetterlingsschnitt: Fast durchschneiden und dann aufklappen.

2. Den Knoblauch zerlegst du in feine Scheiben, und dann wird aus dem biederen Fisch ein Edelfisch gemacht:
Du beträufelst die Fischstückchen eines nach dem anderen mit Zitrone, legst je zwei Knoblauchscheiben darauf, mahlst knirschend den schwarzen Pfeffer darüber und salzt vorsichtig – ja, ja, ja, ich weiß, die TV-Koch geschulten TV-Junkies schwingen entrüstet ihre breitkrempigen Küchenmesser oder auch den Santoku, das Messer der drei Tugenden, aber das lässt dich kalt. Du willst einen krossen dehydrierten Fisch und kommst cool zur  zweiten Lage: Jedes Stückchen wieder mit Zitrone beträufeln und dann auf die untere Lage legen. Die obere Seite wieder pfeffern und salzen etc., und dann lässt du den Fisch mindestens vier Stunden im Kühlschrank allein. Der muss sich jetzt von der Tortur erholen.

Während der Schellfisch in der dunklen Kühle in aller Stille zu ganz neuen Qualitäten reift, bieten sich verschiedenen Möglichkeiten an, die  Zeit zu überbrücken.

a) Du bist Deutschlehrer (du armes Schwein) und korrigierst ein Satz Diktate. „In Katja’s Kupferstühbchen war heute nicht’s los. Selbst Katja hing schlaff in ihren Jean’s. Auch ihre Hit’s des Monat’s „Nudel’n auf Spinat … „
Du greifst in die Schublade. Die Flasche Brandy ist leer. Deine Augen beginnen zu schwimmen. Das Ende ist nah.

b) Du bist Deutschlehrer und hast einen monumentalen Zweizylinder mit einem standesgemäßen Schlappen (Schlappen? Siehe unten) in der Garage stehen. Locker schiebst du das Diktat über Katjas Kupferstübchen beiseite und vertiefst dich in das Ventilspiel deines V-Zylinders. Hier ein Schräubchen gedreht, dort ein Schräubchen gekontert und schon passiert es: Dein Herzschlag synchronisiert sich mit der Poesie eines leicht näselnden Ventilrhythmus. Das Gefühl des Einssein mit all dem, was schön und gut ist, durchweht deine spinnennetzverhangene Garage. Das Leben hat dich wieder. Dynamisch schreitest du zum Handwaschbecken, greifst in das geliebte Holzmehl und machst dich fein für die Vollendung des Fisches.

Und das ist eine schlichte Angelegenheit. Während sich das Risotto an seine Reife heranwartet, heizt du die schwere Pfanne an, gibst das Butterfett hinein, holst den Fisch aus dem Kühlschrank, befreist ihn vom Knoblauch, panierst den Fisch in dem Mehl und brätst ihn bei kräftiger Hitze in der Pfanne von beiden Seiten knusprig. Gesalzen ist er schon. Ich serviere ihn am liebsten in der Pfanne.

Tipp: Nun hast du gerade den Fisch in die Pfanne gehauen, da ruft Udo an. Udo ist ein netter Mensch, mit dem du nicht nur Pferde stehlen kannst –  aber Udo hat immer viel erlebt, Gutes und weniger Gutes, manchmal auch etwas Schlechtes, und es ist ihm unmöglich, ein Erlebnis länger als einen halben Tag für sich zu behalten.

Was hat Udo heute erlebt? Heute hat Daniela ihm erklärt, dass er sich seinen fetten Chopper sonst wo hin schieben könnte (Udo: Sie hat das anders formuliert, aber das hat sie gemeint!!) Was denn an so einem Chopper dran sei. Riesenklöten und ein Tank, winziger als eine Erdnuss (Udo: Was hat die bloß? Ich verstehe kein Wort.) Und sein Gefasel von dem fetten Schlappen hinten dran hinge ihr schon kreuzweise zum Halse heraus (Hat sie gesagt, in echt! Ich frag dich: Was soll den falsch sein an einem ordentlichen Schlappen*) Er solle sich mal ihr Hinterteil anschauen, das wäre total real. Und bloß weil Ulrike auf einer Virago rumprolle, würde ihm die Hose eng. (Was regt die sich so auf? Ulrike und die Virago, das sind doch ordentliche Kumpels. Und wieso „Hose eng“? Er trägt immer noch seine geliebten Baggy Jeans – aber nich auf Trudi**, die will nur Leder)
Dann sei Daniela auf ihre 600er Bandit*** gesprungen und mit rauchendem Hinterrad durch die verkehrberuhigte und kinderfreundliche Reihenhaussiedlung geschossen. Mann, hat die Frau Feuer, aber der schlappe Schlappen ihrer Bandit, mein Gott, total unstandesgemäß.

Also: Udo hat eine wunderschöne Ferienhütte an einem wunderschönen kleinen See. Und am nächsten Wochenende hast du gerade was geplant, und da wäre diese Hütte ein tolles Ambiente. Also drehst du den Gasherd auf kleine Flamme, erklärst Udo die Seele einer Frau, spricht von der selektiven weiblichen Wahrnehmungsgabe, wenn es um technische Zusammenhänge geht (Udo wird ruhiger: Du sagst es, Kumpel.), sprichst von der Relation von Hormonpegel und Emotionalität (Ist ja echt interessant, das erklärt doch alles!) und sprichst von Liebe und Eifersucht (Du meinst, die steht auf mich? Mann, das wusste ich ja gar nicht.) und wendest zwischendurch deinen geliebten Fisch.
Udo ist jetzt zu einem glücklichen Menschen geworden, der den Unterschied zwischen dem Schlappen seiner Trude und Ulrikes Hinterteil verstanden hat. Sanft legst du nach diesen 15 Minuten den Hörer auf und nimmst die Pfanne vom Herd. Dein Fisch ist jetzt so kross wie ein belgischer Käsekräcker.

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* Eine Anmerkung für motorradlose Erdenbürger: Udo meint seinen Hinterreifen, eines der männlichen Biker-Sekundärgeschlechtsmerkmale.
** Noch eine Anmerkung für den motorradlosen Erdenbürger: Udo meint seine 1400er Suzuki Intruder, von ihren Liebhabern als Tante Trude angeschmachtet.
*** Und noch eine letzte Anmerkung für den motorradlosen Erdenbürger: Ja, ja, du hast richtig gelesen. Daniela ist nicht auf ihren Banditen gesprungen (jedenfalls nicht bei Udo), sondern auf ihre schlanke 4Zylinder Suzuki Bandit

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