Hast du schon mal dein Bike mit einer 12 oder 15 Liter Tauchflasche getauscht? Hast du noch nicht? Da hast du was versäumt. Biken und Tauchen, Abheben und Schweben. Die Schwerkraft? Kinderkram. Dein Chef? Total lachhaft. Die ganze Überlebensscheiße, die kleinen Schweinereien, der Ellbogen von rechts, die Intrige von links und so eine Bemerkung wie „Ach, Sie fahren eine Yamaha, ich finde ja die Harleys so aufregend“, das alles rollt in ein tiefes Tal und ward nicht mehr gesehen. Du lachst nur frech und jettest flott nach Gozo gleich neben Malta.
Reqqa Point bei Nacht ist das Zauberwort. Drei Kilometer westlich von Marsalforn. Die Straße dahin ein Abenteuer. Lass deine schwangere Freundin heute mal allein in Xlendi, wenn dir an einem gesunden Nachwuchs gelegen ist.
Bist du ohne abgerissenem Auspuff unten am Point eingelaufen, springst du in deinen Neoprenanzug und haust du dir Pressluftflasche auf den Rücken, watschelst wie eine schwangere Pinguinin mit den lächerlichen 25 Kilogramm Zubehör über die Klippen von Reqqa Point. Dunkelheit überall, hier ein Mond, da 3000 Sterne. Und zwischen Klippen und Wasser: Du. Routiniert flippst du das 30W Tauchlicht auf ON – und dann ein lustvoller Sprung von der Klippe.
Und schon bist du high. Tausend kleine Bläschen sprudeln dich ein, Da ist ein Bad in der Sektwanne nichts dagegen. Die Zackenbarsche spritzen vor Panik in die Felsspalten und machen große Augen. Und rumms, knallt dein Buddy in die kühle See. Wieder tausend Bläschen. Dann ausatmen und du sinkst, alle viere selig von dir gestreckt, in die Tiefe. Kurz an der Flasche genippt und wieder ausatmen und schon segelst du in gemütliche 20 Metern.
Dann herum um den Point. Eine Garnele wedelt träge mit den Fühlern, eine Muräne lässt dich müde ihre nadelspitzen Zähne bewundern. Ein Schriftbarsch, sonst drall und munter, hängt grau im Tang, und die Fächerwürmer wehen in der leichten Dünung.
Dann bist du rum und schwebst wie ein schwarzer Vogel über dem Unterwasserriff. Stufenförmig fällt es ab bis zu einer Tiefe, die für dich unerreichbar ist. Du lässt dein Licht kreisen. Dein Buddy rundet Zeigefinger und Daumen. Nicht die linke Hand zum Gruß, sondern: alles OK – und da passiert’s.
Aus der Dunkelheit schießen sie heran. Calamares. Fegen nach links, bleiben stehen. Scheinen dich zu fixieren. Und zooom, schießen sie aus dem Scheinwerferkegel. Blick zum Partner. Kopfschütteln und wamm, schon sind sie wieder da: Violett, die Seitenflügel zittern leis, die Tentakel vibrierend nach vorn gerichtet, als wollten sie das Wasser massieren.
Dann ein Ruck, und das Bild ist leer.
Aufgetaucht. Bawww! Jubel. Hast du das schon gesehen! Dann die Frage: Wie kommen wir raus aus dem Wasser, Die Dünung zieht energisch über die Felsen. Außer den Sternen alles dunkel. Ein Blick auf die Klippen. Warten auf eine freundliche Welle. Da kommt sie heran. Raus und zack, da stehst du mit deinen 25 Extrakilos und bist glücklich.
Und schon denkst du an deine Kleine. Die Arme so allein in Xlendi, was für Ängste, was für schwarze Träume. Das Kind im Leib, der Vater (wenn er es denn ist) vielleicht mit einem seiner Beine in einer Felsenspalte verkeilt, in tiefen dunklen Tiefen. Oh Gott, was muss die Frau leiden (Die Gnade des Herr will es, das du es nicht weißt: Joseph in der „Stone Crab“ in Xlendi ist nicht nur ein vorzüglicher Koch, sondern auch ein sehr angenehmer Plauderer mit einem Lächeln, oh Mann, da ist Petersilie nix gegen.
Wie dem auch sei, du bist überzeugt:
a) Deine Kleine muss jetzt für zwei Essen. Also schaff Futter heran. und
b) Das war ein atemberaubender Tauchertraum. Daran soll sie teilhaben.
Was du übersehen hast. Die Calameras sind zwar mit Eiweiß vollgeknallt, aber was Kalorien angeht, haben sie nicht viel zu bieten.
Aber das ist dir alles Wurscht. Am nächsten Tag schwebst du auf der Wolke deiner väterlichen Vorfreude in dem schnuckeligen Mietwagen zum Bugeja Fishmarket
Richtung Mgarr.
Und schon stehst du im Laden. Erst mal tief Luft holen. Da liegen sie alle, die Früchte und Fische des Meeres. Berge von Lampuki (in Butterfett gebraten, da lachen die Himmel.), die mächtigen Seebrassen, der schräge John Dory, der Schwertfisch, Liebling der Touristen , die silbrige Meeräsche, die auf dem Grill zur Hochform aufläuft, die kleinen Meerbarben, die schon den Römern die Fischtafel veredelten, der tiefrote Thunfisch, der als feuriges Pfeffersteak (darüber später einmal mehrt) die Küche in einem Flammenzauber aufleuchten lässt., Berge von Miesmuscheln, Scampi, Garnelen. Im Tank schieben sich Hummer und Langusten von einer Ecke in die andere, und dann – gleich vorne auf dem Tisch, glitschig, grau-verwest, zusammengeklumpt – da liegen sie, die Ex-Schönen der Tiefe, die grazilen Tänzer und Tänzerinnen des Mitternachtsballetts. Beim Kauf denke daran, auch hier gilt: je kleiner um so zarter.
Du lässt dir einen Plastikbeutel mit einem Kilo dieser fettarmen und eiweißreichen Leichen voll klatschen und sprintest zurück zur Mutter und dem prospektiven Kind. Die dümpeln gerade mit der Tauchmaske vor dem Xlendi Riff und füttern die Fischschwärme mit Weißbrot.
Beschwingt sprintest du die Treppe hoch, begrüßt die kleine Küche mit einem Schluck Rotwein und reißt dir das T-Shirt vom Leib, denn vor dir liegt ein deutliches Stückchen Arbeit von ca. einer Stunde.
Da du irgendwann einmal „Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten“ verschlungen oder heruntergewürgt hast, weiß du: Das Geheimnis der Qualität ist die Systematik. Also bildest du
Gruppen.
Gruppe 0:
- eine Flasche Cisk Lager (die brauchst du zum Kühlen)
- eine Auflaufform mit Deckel (wenn er fehlt, dann tut es auch eine umweltunfreundliche Alufolie (da sind wir mal nicht so). Edel ist natürlich, wenn du für jede Person eine kleine Auflaufform auftreiben kannst.
Gruppe 1
- 1 kg Kalmare
- 1 mittelgroße Zwiebel
- 3-4. Knoblauchzehen
- 150g gestreiften Speck
- 1 Bund Mittelmeerpetersilie
- 100ml Weißwein von der unteuren Sorte
- Olivenöl
Gruppe 2
- 3 große Tomaten
- 3-4 Knoblauchzehen
- 1 kleine Zwiebel.
- 1 EL Rosmarin (gemahlen)
- ½ EL Salbei (gemahlen)
- 3 EL gehackte grüne Oliven (aber vom Kern!)
- gemahlener schwarzer Pfeffer
- Salz
- Auf Reserve:
- Schuss Rotwein
- 1 TL Tomatenmark
Gruppe 3
- 50 g Parmesan (oder einen anderen würzigen Reibekäse, der dir gefällt)
- 2-3 dünne Scheiben altes Weißbrot (Zu Hause greife ich mir Graubrot, das ist von deutlicher Aromatik . Ein ordentlicher aalverwöhnter Ostfriese legt sich natürlich ein eher schwarzes Brot zurecht. Ein echter Oldenburger greift zum Schwarzen Ferkel.)
- 2 EL Kapern
- 3 Sardellensteifen (in Öl oder gesalzen ist die egal)
- 3 TL Olivenöl
- Paniermehl
Gruppe 4
- 150 g ganz grob geriebener Gouda
- Diese Gruppe ist ausschließlich für Käsemäuse gedacht. Davon gibt es eine ganze Menge. Wenn du nicht dazu gehörst, dann lass es weg. Diskutier das aber vorher umfangreich mit deiner werdenden Mutter. Werdende Mütter sind ein schwieriges Völkchen. Wir wollen doch nicht, dass das heiße Gratin dir um die choppergestählten Blumenkohlohren fliegt.
Jetzt ist die kleine Ferienküche ziemlich zugestellt und du wunderst dich, wie das alles in den noch kleineren Backofen passen soll. Keine Sorge, es passt, denn
so gehst du vor:
1. Die Kalmare zerlegst professionell (Wenn du das erotischen Menu mit allem drum und dran erfolgreich durchlaufen hast, kann nichts schief gehen).
Tentakel, Zwiebeln, Knoblauch, gestreiften Speck und Petersilie werden gewürfelt bzw. gehackt.
Dann Tentakel, Zwiebeln, und gestreiften Speck in Olivenöl 2 Minuten andünsten, den Knoblauch, das notorische Sensibelchen, wieder zuletzt ins Öl schmeißen, und wenn der Knoblauch sich gerade ins Braune wendet, schmeißt du unsere sinnenfrohe Petersilie in die lebende Pfanne, kurz einmal den Holzlöffel kreisen lassen und schon freut sich alles drauf, dass es gleich mit Weißwein gelöscht wird. Wenn nötig, etwa einkochen und dann parken.
2. Jetzt schreien die Tomaten nach dem Messer. Flugs die gehäuteten Tomaten gewürfelt und die Oliven gehackt, mit Salz, schwarzen Pfeffer, Rosmarin und Salbei (damit musst du vorsichtig umgehen) bekommen sie den letzten Schliff. Alles bei mittlere Hitze in der Pfanne ca. 10 Minuten weich kochen. Am Schluss mit Rotwein oder Tomatenmark nach Bedarf korrigieren und ebenfalls parken.
3. Das Brot möglichst klein würfeln, mit Olivenöl, dem Parmesan, den gehackten Sardellen und Kapern vermischen
4. Nun baust du die verschiedenen Teile in einer feuerfesten Form zusammen. Liebevoll massierst du etwas Olivenöl in den Formboden und bestreust den Boden mit Paniermehl.
Dann wird fröhlich geschichtet:
- eine Schicht Tintenfische
- Tomatensauce
- Brotmischung
- eine zweite Schicht Tintenfische
- Tomatensauce
- Brotmischung
Und da sich werdende Mütter immer durchsetzten, krönst du das Ganze mit einer lockeren Schicht von gehobeltem Gouda.
Wenn deine Auflaufform etwas weitläufig geraten ist, dann tut es auch ein einziger Schichtendurchgang.
Da du den Backofen (Umluft 170°C; konventionell 220° Ober- und Unterhitze) schon vorgeheizt hast, setzt du deine Tintenfischlagen 10 Minuten zugedeckt und 10 Minuten offen in die Hitze.
Und wenn sich die Sonne fertig macht, über der Bucht von Xlendi in die Weiten des Mittelmeeres einzutauchen, dann sitzt ihr alle auf dem Balkon, zwischen euch eine Flasche Verdala Rosé und die verführerischen Tintenfisch, die Tamarisken schicken eine erste Ahnung ihres tauschweren Duftes empor zum Balkon, der letzte Tauchgang in den Santa Maria Caves lässt euch träumen, und ihr freut euch auf einen ausgelassenen Abend.
Nachwort:
Das Rezept lässt sich locker zu einem Fischgratin umbauen. Probier es mal – oder warte auf einen der nächsten Blogeinträge.