Grillen – Sardinhas, lulas e vinho tinto

Sardinhas assadas. Das ist kein Grillgericht, das ist eine Weltanschauung. Die Deutschen haben ihre Kartoffelpuffer, die Briten ihre Fish’n Chips, die Russen ihr Pelmeni und die Portugiesen, die haben ihre gegrillten Sardinen.

Und die haben ordentliche Fischgriller (Fischgitter), nicht so einen Schnickschnack in Fischform, sondern ein 25 x 25 cm Doppelquadrat, wie es João da Silva im Hafen von Peniche benutzt. Da passt ordentlich was drauf und die Haut klebt nicht so schnell fest.

Herrje, war das ein Abenteuer. Im Krankenhaus von Beja (der alzheimgeplagte Leser blättere zurück zu den bolos de bacalhau) mit fehlendem Zahn und zerschundener Haut, aber dennoch unsäglich glücklich.
Allerdings, die BSA Lighting als Versicherungsfall abgeschrieben und mit einem Miet-VW-Käfer Richtung Lissabon. Die Freiheit der Straße eingetauscht gegen den Komfort einer Sardinenbüchse.k-bsa-elke-text

Die mitfühlende Bikerseele weiß: Tiefer kannst du nicht fallen.
Leider kannst du. Ein Ritt mit deinem Bike über die Arrabida von Sesimbra nach Setúbal, das ist wie Pink Floyd open air, da hebst du ab, und deine Seele zerlegt sich in alle Farben des Kaleidoskops.
Aber eine VW-Sargbüchse, da sag ich nur: Ernst Mosch und seine Polka-Buben. Ich denke, damit ist alles klar.
.
Aber schon willst du kurz vor Portinho mit einem schrillen Gelächter dich und den Käfer samt deiner Braut von der Klippe stürzen, da weht die rettende Grillfahne durch die geöffneten Fenster und löscht Ernst Mosch und seine Tröten erbarmungslos aus: Sardinhas assadas, Lulas grelhades e vinho tino.
Ein voller Tritt auf die Trommelbremsen, ein spektakulärer Powerslide (hätt‘ ich dem moschigen Käfer gar nicht zugetraut) und knirsch und stopp.

Da liegt es, hoch über dem Meer, die Tischreihen mit Wein überwachsen, im Schatten stapeln sich die Sardinen, mit groben Meersalz vor dem Verfall geschützt, um dann auf zwei Holzkohlebecken zusammen mit den Tintenfischen alias calares alias lulas veredelt zu werden.

Was aus der Idylle heute geworden ist? Darüber denken wir lieber nicht nach. Wir schreiten einfach zur Tat und holen uns die Sonne der Erinnerungen auf unseren lauschigen Balkon oder in unsere soundgeproofte Küche.

Wie machen wir das? Wir machen uns auf den Weg zur Casa Iberica oder zur Casa Portugal oder brummen über die B31 nach Singen zu Fonseca. Ich mag mich ja ungern wiederholen: Aber die erste Adresse ist natürlich Groningen.
Dennoch hier ein echter Geheimtipp: Irgendwo im Busch östlich von Salem hat der Fisch-Geiger sein Nest, und das ist klein und fein sortiert mit ganz einfühlsamen Preisen.

Sardinen
Pro Person bunkerst du 4-6 Sardinen von der halben Größe eines Herings.

Die Sardinen hauen die meererprobten Portugiesen so auf den Grill, wie das Meer sie ihnen geschenkt hat: Mit Kopf und Gedärm. Und wenn später die Gräten zwischen den Kiefern knacken, umso besser.

Da bin ich trotz meines reifen Alters ein echtes Sensibelchen. Ich schuppe die Fische, enthaupte sie und beraube sie ihrer  Eingeweide.
Dann werden sie außen gesalzen (wenn möglich mit grobkörnigem Meersalz) und dürfen noch 2-4 Stunden auf dass Grillvergnügen warten.

Diese Fischchen sind vollgepowert mit Omega-3-Fettsäuren. Die Sardine ist für deinen Cholesterinlevel so etwas wie die Knoblauchzehe für den Vampir. Beide flüchten sich schreiend in den dunkelsten aller dunklen Winkel und flehen um Erbarmen.
Also, was immer du sonst so vernommen hast, schmeiß die nahrhaften Fische ohne Extraöl auf den Grill, wenn du nicht selbst geräuchert werden willst.

Aber wenn sie nach 6 Minuten Grillzeit (in der Pfanne fühlen sie sich auch wohl, vor allem, wenn du sie kurz in Mehl gewendet hast) auf deinem Teller gelandet sind, dann gieße etwas Olivenöl über die Sardinen und wisch dir anschließend den Bart.

Dazu Pellkartoffeln oder Kartoffeln in Alufolie gegrillt und natürlich …

Ja, was wohl? – Das erfährst du nächste Woche.

Schon wieder eine Woche rum, schon wieder eine Woche älter. Es könnte auch mal andersrum laufen.
Aufgrund eines energischen Protests habe ich ein Foto des letzten Blogartikels überarbeitet, entsprechend meiner Devise: Ärmel aufkrempeln, zupacken“, und damit geht’s weiter:

… und natürlich
Paprika
Zwar glaubt ein echter Mann weder an Spinat oder an Kohl, im Dreieck Bremen-Emden-Butjadingen allenfalls an Kohl und Pinkel. Welcher Mann käme auf die Idee, seinen Kumpels eine knall rote Paprikaschote mit leuchtenden Augen etwa so anzupreisen: „ Leute, schaut euch mal dieses außergewöhnliche Gemüse an. Dieses schwellende, strotzende, immer wieder neue Formen erdenkende und dennoch so keusche Fruchtfleisch. Ich liebe diese Schote, weil sie zu mir spricht.“ (Also das habe ich geklaut, leider!)

Natürlich spricht so kein echter Mann, und natürlich spricht die Schote zu niemandem, weder zu einem echten noch zu einem unechten Mann. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass dieses formschöne Gemüse – ob rot, grün oder gelb – viele Freundinnen hat und auch einige Freunde, und ein Freund ist der Grill. Für den zerteilst du die üppige Schote in vier Viertel – wenn es fünf sind, musst du die Rotweinzufuhr drosseln – salzt diese vier Viertel, bepinselst sie mit Olivenöl, in das du Knoblauch gequetscht hast und rauf auf den Grill. Werden sie schwarz, hast du was verpasst.

Tintenfische (Calamares; lulas; squids).)
Die Portugiesen sind verrückt nach den lulas grelhadas und werfen sie ohne große Kinkerlitzchen auf den Grill. Das kommt dir natürlich entgegen. Du besorgst dir eine Packung kleiner bis mittelgroßer Tintenfisch. Ob gefrostet oder frisch ist dir egal, denn du weißt: In unseren Breiten sind die frischen Calamares exaufgetaute Calamares. Und Joseph in der „Stone Crab“, als die „Stone Crab“ noch eine Bar war, durch deren Bankreihen die Fischer mit ihrem antiken Landrover rückwärts ihre Fische abtransportierten, dieser Joseph
also in Xlendi auf Gozo ist fest überzeugt: Erst ein exgefrosteter Calamar ist ein zarter Calamar.

Es gibt natürlich auch Biker der ganz harten Sorte, die schrecken in ihrem Drang nach Ursprünglichkeit und Originalität vor nichts zurück, die reißen sich die Climax Brille vom Gesicht, hauen die Tauchmaske auf die Nase und stürzen sich in die See. Was sie da wollen? Die Calamares wollen sie jagen, die Träumer. Das geht natürlich schief. Nie wieder kehren sie zurück an den heimischen Grill, den viel geliebten.
Was von ihnen bleibt? Nichts … das heißt, fast nichts, denn ihre Bikes überdauert, werden Teil einer neuen schönen Welt. Schon bald knabbern die Putzergarnelen mit ihren zarten Scheren fröhlich am Rost. Und dann kichert sie lustvoll vor sich hin, diese alte 250er BSA, die Uli  auf der Thistlegorm  fotografiert hat.k-uw-bike

„Thistlegorm“??? Sehe ich da Fragezeichen? Aber nein, hier geht es nicht um eine neue Ekelvariante eines britischen Haferschleims. Hinter diesem keltisch-angelsächsischen Namen (blaue Distel) verbirgt sich ein Frachter, den deutsche Kampfflugzeuge 1941 im Roten Meer auf den Meeresgrund geschickt haben zusammen mit einigen BSAs B30 WD (=War Department). Heute umschwärmen das Wrack mehr Taucher als Fische.

Aber ich verliere mich

Du bist kein Taucher, du bist ein Biker. Wenn du Glück hast,  bist du ein wenig schräg, und das nicht nur, wenn es um deine Lieblingskurve geht. Aber ansonsten ist dir das Leben lieber als der schönste Tod im Meer, und deshalb transportierst du ganz schlicht deine Tintenfische im Baumwollbeutel in die Küche.

Ich gehe einmal davon aus, dass du als Freizeit-Lusitanier die lulas zusammen mit den Sardinen anbietest. Also rechne 6 Lulas nicht länger als meine wurstfingerige Hand. Du wirst sehen, die Calamares schrumpfen auf dem Grill, da kann einem Angst werden. Wieso kommt mir da gerade Enno sein Lieblingsspruch in den Sinn: Koole Feut un Nordenwind giv nen krusen Büddel un nen lütten Pint.

Ich verliere mich schon wieder: Leider musst du die kleinen Leckerbissen vorher präparieren, d.h., du nimmst sie du routiniert aus (das hast du seit dem erotischen Menü  perfekt drauf), spießt die Tentakel am Tubenkörper mit kleinen Holzspießen fest und legst die Tintenfische unter fleißigen Wenden für 5 Minuten auf den Grill.
Lass die Tentakel nicht zu sehr verbrennen. Sie sind besonders lecker.

Was ich sonst noch an Fischigem gerne auf den Grill schmeiße:

  • Die Dorade ist inzwischen in den deutschen Fischgeschäften heimisch geworden.
  • Die  Rotbarbe (red mullet), war schon bei den Römern der Höhepunkt eines Festessens.
  • Die Meeräsche (grey mullet) lebt in Flussmündungen und Ufernähe. Und wenn die Flussmündung sich mit einer Kloake zusammentut, dann ist das ein wahres Mulletparadies.
  • Den Barsch, der auf dem Grill zu einer Wahnsinnsknusperform aufläuft, musst du wahrscheinlich selbst mit Wurm und Haken aus dem Fluss holen.
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Ein red mullet in den Höhlen von Xlendi

Pro Personen besorgst du dir einen Fisch (350g), schuppst ihn und nimmst ihn aus, (für die zarten Seelen entfernst du den Kopf) und versetzt den Fischen auf jeder Seite etwas versetzt (damit er beim Grillen nicht bricht) drei leicht schräge Schnitte fast bis auf die Rückengräte.
In diese Schnitte streichst du eine Marinade und lässt die Fische mindestens 2 Stunde ziehen. 15 Minuten vor dem Grillen werden sie gesalzen und dann auf jeder Seite ca. 3-5 Minuten gegrillt.

Für die Marinade, berechnet für zwei Fische, vermischst du

  • 3 Knoblauchzehen
  • ½  Zitrone
  • 3 TL Olivenöl
  • Pfeffer

Und jetzt hau ich ab in die Küche und tobe mich bei einem Matjessalat aus. Und dann tauche ich für zwei Wochen im Roten Meer ab.

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