Es war einmal ein Student, der war total verliebt – in seine BMW 51/3 und in seine Braut. Und seine Braut war eine echte Braut. Als bei dem Vermieter seiner Studentenwohnung (ein Zimmer, Toilette im Flur, die Studidusche musste noch erfunden werden) ein Rosenstrauß per Fleurop heranflatterte und der Vermieter neugierig fragte, ob da jemand Geburtstag habe, und erfuhr, sein Student habe sich verlobt (Ich hoffe, ihr wisst, was ich meine.), da wurde er blass, und am nächsten Morgen flog der Student in einem hohen Bogen aus der Wohnung auf die Eppendorfer Landstraße.
Da warth guther Rath theuer.
Wer kann so ein Problem lösen? Ein Makler kann das.
Im Maklerbüro Jahrgang 1968. Das Radio im Dudelmodus. Billy Mo verabschiedet sich gerade mit einem Tiroler Hut, als die Beatles ihre Liebeserklärung loslassen. Natürlich auf Deutsch.
Das hat Stil. Die Übersetzung von Camillo Felgen. Sieht jemand meine Augen feucht werden? Kennt den noch jemand, Leute? Der wurde nur getoppt von Tim alias Frank Elstner in der Hitparade von Radio Luxembourg auf dem 49 Meterband der Kurzwelle. Wer den Frank heute sieht, glaubt, ich spinne.
Gott, das sind Erinnerungen. Paul McCartney war der Text schnurz, nur ein „ch“ war total out. Davor flieht die britische Zunge wie der Vampir vor der Knoblauchknolle. Aber „Sie liebt dir“ war natürlich unmöglich. Der Musikmarkt in Hamburg, Köln und München war allemal wichtiger als der von Westberlin.
Aber zurück zum Makler. Widerwillig dreht seine Hand den Regler runter.
Makler: Sie suchen ein Zimmer mit WC?
Ich: Und mit Übernachtungsmöglichkeit für meine Braut.
Makler: Sie sind nicht von dieser Gegend?
Ich: ???
Der freundliche Makler drückte auf den Knopf.
Makler: Tach, Frau Frerichs, ich hab’ hier ’n netten jungen Mann, ein Student, der sucht’n ruhiges Zimmer. Ich hab’ da gleich an Sie gedacht. Der nette junge Mann hat auch eine nette Braut, die ab und zu mal bei ihm über Nacht zu Besuch sein möchte.
Lautsprecher (bedrohliches Knistern, dann explodieren die Sonnen über Hamburg): Sodom und Gomorra! Wo sind wir denn hier! Ne Braut inne Wohnung? Und die Sittenpolizei unterm Dach, wat? Das fehlt mir gerade noch. Schicken Se ihn doch inne Herbertstraße – den Nero! Der weiß wohl nicht, wo der Frosch seine Locken nich hat. Dies ist kein Bordell, dies ist ein anständiges Haus. Hier ist man sauber – (irgendwie kommt sie dabei auf Peter Alexander und Konrad Adenaue, wobei der Telefonhörer dezent errötet ), nich so’n Schweinkram wie Willi Brandt und seine Weiber. Ne Braut inne Wohnung, den Kerl sollte man an seine…
Der Makler legt sanft den Hörer in die Gabel. Ich habe wieder was gelernt.
Acht Wochen später knieten wir in der Kirche (ich und meine Braut, nicht mein Makler) – ich kniete etwas ungünstig, irgendein Wirbel konnte mich schon damals nicht leiden – zogen mit dem Segen des Pfarrers und des Standesamtes in ein neues Heim, diesmal mit eigenem WC (Duschen einmal die Woche in der städtischen Badeanstalt) und konnten wir uns legal in gemietetem Wohnraum der Lust hingeben. Das war dann sehr schön.
Drei Jahre später in Irland fand unser Lustleben unter den Augen der allein selig machenden katholischen Kirche statt. Das war nicht immer schön, manchmal aber sehr unterhaltsam.
Zum Beispiel, wenn der Vorrat der Pille sich dem Ende zu neigte und die Braut, inzwischen eine ordentliche Ehefrau, zum immer heiter trunkenem Hausarzt ging. Der schaute ihr leicht schwankend tief in die 29 Jahre alten Augen und schob ihr nach langem Zögern das Rezept über den Tisch: „In Ihrem Alter werden sie wohl wissen, was sie tun.“
Sie wusste es und wir gingen zusammen – nein, nichts ins Bett – auf den Fischmarkt von Cork gingen wir, holten uns neben den Pillen (die gab’s allerdings auch in Irland nicht auf dem Fischmarkt) einen ordentlichen Fetzen Steinbutt und griffen uns unser Lieblingsbuch: Jane Grigson: Fish Cookery. Penguin 1973. Dann verwandelten wir den Steinbutt in einen turbot au poivre und feierten die neue Ladung Antibabypillen.
Heute sind für uns die Antibabypillen nicht mehr wichtig, wohl aber der Pfeffersteinbutt. Nun schwimmen hier im Schwäbischen Meer weder Stein- noch Heilbutt, aber ein Thunfisch verirrt sich hin und wieder an die Fischtheke des Supermarktes. Und damit kommen wir zum thon au poivre. Das heißt, genau genommen kommen wir dazu in einer Woche
Thunfisch au Poivre
Ein Pfeffersteak ist ja inzwischen ein ganz normales Ding. Was vielen gar nicht klar ist: Dieses Rezept funktioniert auch vorzüglich mit Heilbutt, Seeteufel und Thunfisch, ja, so gar ein hohes Stück Lachs fühlt sich im Pfeffer wohl, denn – Überraschung, Überraschung! – der Pfeffermantel deckt das delikate Fischaroma in keine Weise zu. Ich bin ein Thunfischfan und daher hier meine Pfeffervariante für vier Personen: Dafür brauchst du
einen großzügigen Tag, denn Thunfisch will mit viel Geld bezahlt werden.
- 4 Thunfischsteaks, 2,5cm hoch und 150 g schwer
- 2 gehäufte EL Mehl
- 2 gehäuften EL grob gemahlenen schwarzen Pfeffer
- oder nur einen, aber dafür +1 gehäuften EL klein gehackten grünen Pfeffer
- 100g Butterfett
- 1 EL Butter
- 50g Brandy oder Rum
- 50g Portwein oder Sherry
- 0,1 l kräftige Hühner- oder Fleischbrühe (1 TL auf 0,1 Wassere)
- 2 EL Créme fraiche
- 2-3 Knoblauchzehen
- Saft einer Zitrone
- Salz
TIPP: Das klassische Rezept läuft mit
- a) extrem grob gemahlenem schwarzen Pfeffer.
- Wem das zu scharf wird oder wer die Pfefferkörner nicht zwischen den Zähnen heraushebeln möchte, der ersetzt einen Teil des schwarzen durch grünen Pfeffer. Seine Körner sind aromatischer und weicher. Die kannst du mit dem Wiegemesser (langsam! wiegen) klein kriegen. Aber trockne ihn vorher mit Küchenkrepp oder Toilettenpapier.
- b) mit Brandy oder Cognac. Ich ziehe Rum vor (wie auch Port dem Sherry), weil … äh, weil ich den irgendwie kerniger finde.
So gehst du vor.
Knoblauch schälen und in dünne Scheiben schneiden.
Thunfisch mit dem Zitronensaft ordentlich beträufeln und dann mit dem Knoblauch belegen. Vier Stunden im Kühlschrank liegen lassen. Und wenn es dann am Herd zu Sache geht, nimmt du den Fisch heraus und salzt ihn.
Wenn es so richtig zu Sache geht, bedenke: Dies ist zwar ein simples Gericht, aber es will Schlag auf Schlag zubereitet werden. Also stelle dir alles bereit, was du brauchst, wenn der Höhepunkt kommt:
den abgemessenen Rum (oder Brandy), Port (oder Sherry) und Créme fraiche und natürlich das kleine Stück Butter.
Dann mischt du den Pfeffer mit dem Mehl, nimmst den Knoblauch von dem Thunfisch, panierst den Fisch in dem Pfeffermehl und brätst ihn in dem heißen Butterfett von jeder Seite zwei Minuten.
Siehst du zu, dass in der Nähe nichts Brennbares ist (Du wärst nicht der erste, der beim Flambieren eine Küche abfackelt), nimmst die Pfanne vom Feuer, kippst den Rum hinein und schmeißt ein Streichholz hinterher. Und Boom! die Küche wird hell. Du hast natürlich deine Kinder herbeigerufen – auf keinen Fall deren Mutter- und deine Seele badet in den strahlenden Kinderaugen, wenn die Flamme zur Decke zischt. In die begeisterten Schreie der Kleinen hinein greifst du cool zum Portwein und löschst mit väterlicher Hand die prasselnden Flammen. Die Kinder sind vor Staunen stumm.
Du stellst wieder alles auf die Flamme. Wenn du einen Glückstag hast, beginnen mit der Hitze von unten die Flammen magisch zu züngeln.
Das ist der Moment, auf den die Fleischbrühe gewartet hat. Die kippst du dazu, die macht den Flammen endgültig den Garaus.
Schnell hebst den verängstigten Fisch aus der Pfanne und stellst ihn warm.
Jetzt kochst du die Flüssigkeit zusammen, rührst die Créme fraiche hinzu, gibst noch mal ganz kurz Gas, wobei du das Stück Butter einrührst, und gießt die Sauce um den Fisch
Und die Beilage?
Jane Grigson empfiehlt Salzkartoffeln, ich ziehe ein Ratatouille Marke Eigenbau vor. Wie du Salzkartoffeln auf den Tisch bringst, weißt du, wie ich meine Eigenbauratatouille eigenbaue, erfährst du in zwei Wochen.