Anstelle eines Vorwortes
Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin, und jage
die letzte Süße in den schweren Wein
.…
Rainer Maria Rilke
Abschied
Im Leben eines jeden Menschen kommt ein Tag, an dem er wieder von etwas Abschied nehmen muss. Von der Jugend (Das ist ja noch ein bisschen hin.), vom Beruf (Das ist schon geschehen), von den Eltern (Das ist schon zwei Mal geschehen), vom Motorrad (siehe Jugend).
Und wovon werde ich heute Abschied nehmen? Heute nehme ich Abschied von meinem Blog.
Und warum nehme ich davon Abschied? Weil, ich habe alles gesagt, was ich sagen wollte. Und was ich noch zu sagen hätte, bleibt mein kleines Geheimnis.
Der Abschied von meinem Beruf ist mir noch sehr gegenwärtig. Er bestand wie alles Gute in diesem Leben aus drei Teilen:
Der offizielle Abschied: Den habe ich gleich wieder vergessen.
Der inoffizielle Abschied, den Jörg mir in der Aula meiner Schule auf die Beine gestellt hat, werde ich nie vergessen.
Und der Abschied in den vier Wänden der Klasse, in denen ich meine letzte Unterrichtsstunde geben konnte, der hat mir fast das Herz zerrissen. Und um den soll es hier gehen.
Januar, der 27 Januar 2009 – meine vorletzter Schultag.
10: 40 Uhr, Klassenraum der 10E
Jessica will wissen, ob ich morgen mit dem Motorrad komme. Ich blicke aus dem Fenster. Das Wetter blickt unfreundlich zurück. Eigentlich mögen wir beide uns, aber heute nicht.
Ehe ich meine Zweifel an dem Sinn einer Motorradkurztour morgen um 9:30 mache –das ist meine einzige Stunde an diesem Tag und die letzte Schulunterrichtsstunde in meinem Leben – wird Andreas’ Forderung: „Aber sie müssen in Motorradklamotten kommen“, von der Klasse mit einem unwiderstehlichen „Au Ja“ kommentiert.
Jessica hat heute ihren gesprächigen Tag: „Kommen Sie in Leder?“
Ich komme nicht in Leder, ich komme in Textil. Die 10E ist’s auch zufrieden.
Die 10E. Hast dich die ganze Nacht in deinem Bett gewälzt, aufwallenden Wutattacken –dein Chef hast wieder einmal gezeigt, dass er ein Meister der dummen Sprüche ist – erfolglos ein verbissenes OM entgegengeschickt, triefst morgen mit verbautem Kopf runter in die Küche, schüttest den Kaffee in das Marmeladenglas, bringst um 7:50 souverän deinen Unterricht durcheinander, musst dir in der folgenden Freistunde anhören, dass die Schüler heute nur noch unerzogene Bengel sind, kurz, bist in einer Laune, dass allein der Biss in die Wade deines Chefs so etwas wie Hoffnung in diesen Tag bringen könnte – und dann kommst du in die 10E.
Und schon geht die Sonne auf. Da empfängt dich eine Kombination von Wissensdurst, Experimentierfreude und – Freundlichkeit: Dein Lehrerego strahlt.

28. Januar – meine letzter Schultag
Um 9.45 betrete ich die Klasse, in schwarzen Motorradstiefeln, schwarzer Tourenhose und rotem Pulli, aus Irland, ein Guinnessding mit dem Tukan drauf. Mit dem fahr ich immer im Frühjahr und Herbst in die Eiscafés. Da sehe ich enorm schickt aus. Das findet Jessica auch. In Ihren Augen lese ich, dass sie mir den Pulli am liebsten ausgezogen hätte.
Neiiin, nicht deswegen (Leider), nein, mit dem wäre sie selber gern losgezogen. Aber den geb ich nicht her.
Und dann kommen Petra und Janne stolz nach vorn und legen mir ihr Geschenk auf den Tisch. Ein Schokoladenkuchen, selbst gebacken, mit einem Motorrad drauf. Mir wird die Kehle eng.
Ich trage den Kuchen sorgfältig in das Lehrerzimmer und verstecke in im Kühlschrank neben Sekt, Apfelsaft und Joghurtbechern.
Dann geh ich runter zu meiner Suzuki. Dort wartet schon die 10E im Halbkreis auf mich. Ich schwinge mich in den Sattel (Herrje, kling das gut), drücke auf den Anlasser, die1200cc des Motors erwachen mit einem kurzen Röhren zum Leben und lassen sich dann in ein leises Surren fallen, klicke den ersten Gang ein und fauche standesgemäß ab, die linke Hand zum Abschiedsgruß nach oben.
Was noch fehlte: Die untergehende Sonne.
Zum Abschied könnte ich euch auch einen Kuchen schenken, etwa Elkes Kärntner Buchteln oder Sabines Zwiebelkuchen. Vielleicht später einmal. Wer weiß das schon.
Jetzt schreib ich euch, wie ihr ohne großen Aufwand ein Stück schlichtes Schweinefleisch verzaubern könnt. Ich mag das Ganze nicht „Schnitzel Bolognese“ nennen, obwohl es eng verwandt ist mit dem cotoletta alla bolognese. Was im Internet aber unter „Bologneser Schnitzel“ läuft, ist ein ganz ander Ding.
Also nennt das Schnitzel einfach Franks Schnitzel oder Raymunds Schnitzel oder Frank-Raymunds Schnitzel, und wie das zusammengebaut wird, erfahrt ihr nächste Woche.
Und schon ist wieder eine Woche rum, und wir kommen zur Schnitzeltour.
Teil 1
Wir wissen nicht, was wir heute essen wollen? Da sehen wir zu, dass unser Backofen mit seiner Grillspirale sauber ist und quälen uns dann durch den Novemberregen zum Supermarkt, denn für zwei Personen sind nötig
- 2 Schweineschnitzel oder zwei Koteletts (denen wir die Knochen entreißen)
- 2 ordentliche Scheiben Gouda
- einen Satz geräucherter Schinken (Der Nordmann schwört auf Ammerland und Buchenrauch, der südliche Typ auf Schwarzwald und Tannenholz – und der Fernsehkoch auf Parma.)
- 1 (bzw. 3) Knoblauchzehen, klein gehackt (siehe ganz unten)
- Rosmarin pulversiert
- drei mittelgroße Tomaten geschält und gewürfelt
- eine Zitrone
- Salz
- Margarine oder Olivenöl (siehe unten)
- und Kartoffeln für die Pommes.
Und dann geht es los
.
Das Fleisch
Das Fleisch haust du mit der nackten Faust platt und bringst es eine Stunde vor Kochstart mit dem Saft einer halben Zitrone zum Zittern.
Nach dieser Stunde heizt du den Grill an, trocknest das Fleisch, brätst es scharf von beiden Seiten je drei Minuten, belegst es mit Schinken und Käse (Salz kannst du dir schenken, davon hat der Schinken genug) und schiebst die beiden Fleisch-Schinken-Käsehügel unter den Grill.
Da liegen sie nun 5 Minuten oder so, bis der Käse zu bräunen anfängt.
Die Sauce
Eine klein gehackte Knoblauchzehe dünstet du in Olivenöl an, gibst die Tomaten hinzu, die du mit Salz und Rosmarinpulver auf Schwung bringst. Wenn die Tomatenstückchen weich werden (nicht einkochen!!!), alles runter vom Feuer und sofort mit den Pommes (Pommes? Wie geht das denn? Okay, du armes Schwein, schau mal hier nach.) auf den Tisch bringen, zusammen mit einem badischen Weißherbst oder einem grauen Burgunder.
Und wenn der Novemberregen wütend an die Scheiben prasselt, wenn die Novembersturm den Bäumen die letzten schütteren Blätter jaulend entreißt, dann stehen vor euch die goldgelben Käseschnitzel mit der leuchtend roten Sauce und den jubelnden Pommes, flankiert von zwei Weingläsern, aus denen euch der Wein anlächelt. Ja, fragt ihr dann, Winter, wo ist dein Stachel?
Teil 2
Beim Discounter siehst du leckere fünf Schnitzel frischeverpackt zu einem günstigen Preis. Fünf Schnitzel für zwei Personen? Wie soll das denn gehen?
Das geht ganz einfach.
2.1
Allen Schnitzel treibst du einer Stunde vor der Tat mit einer Zitrone das Grinsen aus den Fasern und teilst sie (die Schnitzel, nicht die Fasern) mental in drei Gruppen, zwei Zweier- und eine Einergruppe.
Du und all dein Zubehör versammeln sich 15 Minuten eher in der Küche und dann geht es Schlag auf Schlag.
Du brätst drei Schnitzel schlicht und einfältig kurz und scharf in Margarine, Butterfett oder was sonst so bei dir in der Küche Sinnvolles herumsteht, bestreust die eine Seite mit Paprikapulver, wendest, bestreust die andere Seite und wendest noch einmal. Durch die Hitze wird das Schnitzel „papriziert“
Wenn es dann lustvoll ugrisch-ungarisch zischt: „Mirr kocht derr Blutt,“ nimmst du die Pfanne vom Herd und lässt das Fleisch seine ungarischen Sinne abkühlen, gibst es auf einen Teller, gießt den Bratensaft in der Pfanne über das Fleisch, salzst es vorsichtig und stellst alles abgedeckt kalt.
2.2
Während die heißblütigen Zigeunerschnitzel (bzw. Roma- und Sintischnitzel) ihre Ruhe haben, teilst du die letzten beiden Fleischstücke in insgesamt vier Hälften, brätst auch sie scharf in etwas Olivenöl. Wenn sie fast durch sind, kippst du einen kleinen Schuss Olivenöl dazu und zwei klein gehackte Knoblauchzehen.
Kurz bevor diese braun werden (da musst du dich auf dein Gefühl verlassen), löschst du mit einem Schuss Weiswein. War der Schuss zu groß, kochst du alles etwas ein. Und dann vergiss das Salzen nicht.
Natürlich hast du dir vorher schon eine Ratatouille vorbereitet oder einen Salat. Damit bringst du dein Fleisch auf den Tisch
a) in der Pfanne zusammen mit einem hellen Brot zum Auswischen der Sauce
oder
b) ohne Brot auf den beiden Tellern verteilt, wobei du die Knoblauchsauce über dem Fleisch verteilst.
Im Fall B sind auch Pommes nicht schlecht.
2.3
Und am nächsten Tag holt ihr euch eines von den drei kalten Schnitzeln aus der Kälte, teilt es brüder- oder schwesterlich zum Mittagessen. Mit einem kleinen Salat oder mit einem Butterbrot – ganz lecker, vor allem, wenn er sich etwas Senf und sie sich etwas Apfelmus für das Fleisch neben den Teller stellen.
2.4
Und am übernächsten Tag heizt du den Backofen (Umluft) auf 190 Grad auf. Das Backblech lässt du im Ofen, belegst deine restlichen zwei kalten Schnitzel mit Schinken und Käse, stellst den Ofen aus und den Ofengrill an, legst die Schnitzel auf das heiße Backblech, rein in den Ofen, Klappe zu und nach 5-10 Minuten servierst du deine Schnitzel mit der Tomatensauce (siehe oben) und den Pommes.
PS: Ihr habt es schon bemerkt: Franks … Schnitzel sind ein Plural. Also Udo, bevor es ihn südlich des Mains verschlagen hat, hätte sich so ausgelassen, wenn er für Katharina wieder mal den verliebten Koch machte: Frank seine Schnitzel sind man bannig goil!