Asparago al forno
Der März hat sich verabschiedet, der April steht noch unsicher zwischen Feld und Horizont. Du stehst – wo? Sagen wir mal, du stehst auf deinem Balkon, gleich vor euren Schlafzimmer, die Sporttreter an den Füßen, die geschlitzten Laufhosen mit Eierbecher um Po und untere Vorderfront, und du freust dich, dass die Sonne wieder aufgegangen ist.
Du schaust in die Ferne in den morgendlichen Dunst. Huch, wundert sich dein Zwischenhirn, seit wann ruht dort ein See? Super, orgelt das Kleinhirn, lass mich da mal ran. Endlich mal ein exploratives Unternehmen am frühen Morgen.
Neugierig joggst du los und siehst: Das ist kein See, das ist ein folienbehütetes Spargelfeld. Und unter der Folie rühern die Spargel ihre morgendlichen Ständer. Das törnt dich echt an. Der Frühling ist los. In dir schreit es nach Schwarzbrot.
Du joggst zurück, die Braut schläft tiefer als die Eichenwurzeln im Friedwald und träumt ihren Lieblingstraum. Du springst unter die Dusche, dann springst du in die Jeans, streifst das T-Shirt über, das mit dem leuchtenden Smiley – Mein Gott, das haben dir ein paar Schüler vor unheimlich vielen Jahren verziert – knotest dir dein rotes Schweizertuch um deinen Hals – der leuchtet jetzt unternehmungslustig rot-weiß – und deine Hände schlüpfen mit einem Schrei der Freude in die fingerlosen Handschuhe: Freiheit!
Der Himmel ist blau und Sonne scheint – oder umgekehrt.
Du springst auf deinen Bock. Alle jubeln: Dein Bock, der weiß, jetzt ist der Bär los. Deine Haut, die sich gleich hemmungslos dem Fahrwind hingeben wird. Und du jubelst sowieso.
Nur eine jubelt nicht, deine Braut. Der hat ein subversiver Spargel den Traum mit Schlips und Kragen zerschossen. Verwirrt schießt sie aus einem gräulichen Alptraum empor, tastet sich zum Fenster und dort steht sie stumm und verhüllt ihr schönes Haupt angesichts der geballten Ladung von Unvernunft da unten im Hof. Aber da seid ihr schon mit einem heiseren Röhr-Fauch aus der Straße geschossen.
Überlingen links liegen gelassen, an Owingen vorbei und mit einem freudigen Ziehen aus der Bauchgegend heraus dem Aufstieg von entgegen.
Die erste Spitzkehre, Linkskurve, links liegt mir, reinfallen lassen, den linken Hacken aus der Fußraste abgesenkt, leicht kratzt er zärtlich am Asphalt, dann den Hahn sanft aufgedreht und dein Bock schießt nach oben. Deine Glückhormone liegen sich in den Armen.
Und schon tauchst du ein in die rechte Kehre. Dein Po rutscht aufgeregt von links nach rechts, dein Knie senkt sich ab, raus aus der Kurve. Und plötzlich hängen zwei Blechkisten vor dir. Runtergeschaltet, Gas bis zum Anschlag. Zooom! Du fliegst vorbei – und steigst voll in die Bremsen, dann da lacht dich schon die nächste Kehre an usw. usw.
Und wenn ihr nach zwei Stunden zu Hause einlauft, beide high wie die Fliegenpilze, rangierst du dein Bike in seine Lieblingsparkposition, streichelst noch einmal den Tank, ziehst den Schlüssel ab und schwingst dich vom Bock … und dein Knie explodiert. Eine Flamme von Schmerz sticht in dein armes Gehirn. Deine Glückhormone flüchten in die fernsten Winkel deines gequälten Körper. Großhirn, Kleinhirn, Zwischenhirn fangen an zu fluchen, sogar das uralte Stammhirn zerquetscht eine Träne des Schmerzes in einer seinen unübersichtlichen Windungen: Der Arthrosemeniskus hat wieder zugeschlagen.
Mühsam schleppst du dich ins Haus. Grau siehst du aus
Schmerzen, Humpeln, Krise.
Eine ausgewachsene gerontologische Seniorenkrise. Schlaf? Kannst du vergessen. Hoch auf die Michabelhütte in Saas Fee oder den wildromantischen Col de Battalione d’Aosta, der Steinbockpfad bei Chamonix oder den Schneemarsch zum Gran Paradiso – Knickgemüse.
Schon willst du zu Kreuze kriechen und beim Arzt um einen Termin betteln. Aber da ist die Braut vor: „Nun reiß dich mal zusammen, ich leb mit einem übellaunigen Knie ausgezeichnet. Erklär deinem Knie, wo Gott wohnt, und alles wird gut.“ Dann geht sie ab in die Küche und alles wird tatsächlich gut.
Warum wird alles gut? Weil: Sie zaubert da eine Spargelpastete in Kooperation mit dem Backofen und zwei englischen Pieformen, da kann das Knie nur bekennen: „Okay, ich hab verloren“.
Wie sie das gemacht hat? Da bitt‘ ich um eine Woche Geduld.
Die Woche ist schon rum? Was, wie? Nein, ist sie nicht?
Also das Wetter ist total suboptimal. Dieses Wetter ist des Rechners hohe Zeit und die Tastatur murmelt eifrig unter meinen Fingern.
… so hat sie die Pastete gezaubert, die hier in der Form eine Quiche daherkommt. Erst einmal hat sie um sich aufgebaut die
Hardware:
- 1 Küchenmaschine mit Knethaken (oder zwei kräftige Bikerhände)
- drei Pastetenformen ca 18 cm im Durchmesser
Zwei für euch und eine für die Biketour in den Schwarzwald oder für die Kühltruhe.
Bei anderen Formengrößen müssen wir leider ein wenig rechnen.
die Foodware für den Teig:
- 250 g Mehl
- 125 g Margarine (kommt besser als Butter)
- 1 Ei
- 1 Prise Salz
und für den Belag:
- 650 g grüner oder 600g weißer Spargel
- 200 g Fetakäse gewürfelt
- 150 g klein gehackten gestreiften Speck
- 100 ml Creme fraiche
- 100 ml Joghurt
- 3 Eier
- 100 g geriebener Parmesan
- 100 g geraspelten Gouda
- Salz
- Pfeffer aus der Mühle
- Muskat
Und so ging es weiter:
Das Mehl mit Margarine, Ei und Salz zu einem glatten Teig verkneten. Den Teig zu einem drallen Klops rollen, in Frischhaltefolie wickeln und im Kühlschrank ungefähr 30 Minuten lang in die Kälte stellen.
Den Backofen auf 180 °C Umluft vorheizen. Die Formen kurz anwärmen und dann mit Margarine dünn einreiben.
Den grünen Spargel, wenn er nicht tau frisch ist, unten kurz kappen. Dann das untere Drittel schälen.
Den weißen Spargel komplett schälen.
Die Stangen in ca 3cm lange Stücke schneiden
Für den Belag den Feta, Speck, Sahne, Eier, Joghurt und geriebenen Parmesan in einer Schüssel verrühren und mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.
Den Teig in 3 Teile zerteilen, auf einem bemehlten Brett passend ausrollen und dann in die Form geben. Hier mit der Hand nachmassieren, so dass der Teig am Rand leicht hochsteht.
Allgemein sollte der Teig ca 3 mm dick sein.
Den Spargel in die Formen geben. Die Käsemasse gleichmäßig darauf verteilen, den geraspelten Gauda locker darüber streuen und alles im vorgeheizten Backofen 35- 40 Minuten goldbraun backen.
TIPP: Das Ganze geht natürlich auch mit Blätterteig, da liegen sich die friedlichsten Leute in den Haare (also nur die, die welche haben): Die Mürbeteigvariante stampft daher wie ein uriger V-Zylinder, da kommen keine Zweifel aus. Aber GRÜNER SPARGEL, kräftig im Geschmack und im Urin, gibt dem Mürbeteig einen irren kulinarischen Punch. Und ein trockener Rosé macht ihn wahrhaftig high.
Der Blätterteig ist ein diskreter Geselle, er hält sich zurück und lässt dem Spargel den Vortritt. Und wenn es WEISSER SPARGEL ist, dann liegen die beiden sich im zärtlichen Kuss in den Armen – also metaphorisch gesprochen. Und wenn ihr einen Vinho Verde oder einen Bodensee-Prosecco auf den Tisch stellt, dann sag ich nur „Ade, Diskretion“.
Die Briten wussten es schon immer: The proof of the experiment is the eating. Also walze ruhig auch mal eine (aufgetaute!!!) Blätterteigscheibe passend aus, lege sie in die Form, schneide die Spitzen ab und klebe sie mit Wasser (oder Spucke) in die Lücken am Rand und dann siehe oben – mal weiß mal grün und warum nicht auch mal weiß-grün.