Also: Dein 72. (in Worten: Zweiundsiebzigster) Geburtstag ist noch frisch, die willst ihm etwas Positives entgegensetzten, bretterst entschlossen durch den Schwarzwald.
Herbst, die Buchen vergolden die Wälder, gezackter Ahorn flammt rot, die Luft voll ‚leidvoll süßer Klarheit‘. Du schwebst dahin. Freudenstadt, Kitzigtal und dann runter an die Wolfach.
Dort machst du eine Pause. Die Sonne scheint, eine freundliche Brücke führt über den glitzernden Bach, eine Bank lädt zur Rast, und schon steht dein Bike, sagen wir mal eine Bonnie 850 SE aus dem Land des Pale Ale und des Yorkshire Puddings, mit noch heißem Motor neben dir. Ach, flüstert sie, ist das schön hier.
Du baust auf der Bank auf: 150 Gramm Räucherlachs, zwei Kürbiskernbrötchen, eine Handvoll Radieschen und ein Schwarzwald-Radler („fruchtig, frisch, durstlöschend“), holst dein Schweizermesser aus der Brusttasche, zerteilst ein Brötchen, rollst eine Scheibe Lachs auf die Klinge, rollst die Scheibe ab auf dein Brötchen, und schon schlagen deine Beißer mit einer Lust in das Lachsbrötchen, dass das Bike schamhaft seinen Scheinwerfer senkt.
Und dann passiert es.
Ein Eisvogel schießt vorbei in allen Farben des Regenbogens. Du klappst dein Kauwerkzeug zusammen. Gerade willst du es wieder aufklappen, da schießt der Blitz wieder heran, setzt sich auf den Pfahl, der aus dem Fluss ragt, dreht den Kopf, und verschlingt mit den Augen deinen Lachs. Aber dann, zack, ist er schon wieder weggedüst.
Du packst zusammen. Gibt es etwas Schöneres?
Und wie du zum Motorrad gehst, siehst du auf einer Weide, die sich bis zum Waldrand hochzieht, einen Hirsch mit seinen Kühen. Zwischen denen versteckt sich ein Junges.
Langsam gehst du auf sie zu. Die stellen die Köpfe schief und fahren die Lauscher aus und schauen dir neugierig entgegen. Der Chef auch, aber der zieht sich bald langsam in eine sichere Entfernung zurück.
Die Kühe sind wagemutiger, besonders eine von ihnen, die offensichtlich den Ton angibt. Die achtet sehr genau darauf, dass ihr niemand das Licht nimmt, und wenn du deine Hand in der Luft langsam kreisen lässt, dann kommt sie vorsichtig näher und ihre Gefährtinnen folgen ihr – aber nicht der Hirsch. Der bleibt in seiner sicheren Entfernung.
Ach ja, die Krise des Mannes. Jetzt hat sie auch die Hirsche erfasst.
Du brummst Richtung Osten. Deine Seele liegt dir in den Armen. Das Tartuffo bei Claudio in St. Blasien wird gestrichen. Du willst die Wutach hoch und deiner Frau von dem schönen Tag erzählen.
Glücklich läufst du im Heimathafen ein, die Blase voll. Warum muss die immer kurz vor dem Ziel in Raserei verfallen? Rein in das Haus, hier ein Zipp und da ein Zapp, Gott, was für ein Umstand, und dann lässt du dich auf der Schüssel gehen. Ja, das tut gut.
Und plötzlich Grrr! Was ist los? Blase oder Darm! Schmerz, Fieber, Weltschmerz.
Der Arzt weiß Bescheid. „Wie, noch nie den Darm gespiegelt? Und das in Ihrem Alter!? Ja, das ist doch eine unglaubliche Verantwortungslosigkeit Ihrem Darm gegenüber. Der fühlt sich vernachlässigt, der möchte auch einmal gefilmt werden. Kein Wunder, dass der eine Krise bekommt.“
Wer kann da widersprechen! Mit schlechtem Gewissen machst du einen Termin bei Dr, Magnus Mordhorst und seinen Darmkameramiezen.
Und dann kommen die drei Tage vor dem großen Tag. Du gehst auf Schonkost, keine Kürbiskernbrötchen mit Räucherlachs, keinen portugiesischen Fisch mit Reis, keine Tintenfische unter Tomatenringen und Parmesan kross gratiniert: Körner sind der natürliche Feind des Endoskops, Ballaststoffe ein wahres Teufelszeug.
Und am letzten Tag vor dem Showdown wird die Schraube angezogen. Weißbrot und Brühe, dann nur noch Brühe und dann der Fangschuss: Zwei Liter Eau de Kotz, leger verteilt und kombiniert mit dem Daueraufenthalt auf der Toilette. Dann ist der Darm leer wie Briefmarke, ne, mein Gott, was ist mit mir denn los, leer wie eine … leer wie eine … leer wie, na wie eine ‚Flasche leer‚ eben.
Du steigst flau und matt auf die Waage. Die reibt sich verwundert die digitale Anzeige. Was ist denn bloß mit dem Kerl passiert?
Du kletterst auf das Fahrrad und radelst mutig dem Endoskop entgegen.
Und Schnitt ///
Okay, sagt Dr. Mordhorst, und klopft dem Endo freundlich auf das Objektiv, nun such mal schön.
Das Endo lässt sich so etwas nicht zwei Mal sagen und kriecht mit aufgeregt zwinkerndem Objektiv in den vorbildlich geräumten Darm, schaut in jede Rundung und hinter jede Windung und schon wird es fündig: Ein Polyp!
Heiß wie ein Dackel im Fuchsbau stürzt sich das Endo auf das überraschte Kerlchen, harmlos oder nicht, zack hat der Ärmste die Drahtschlinge um den Hals und zack fegt ihn ein Stromstoß vom Sockel. Da liegt er nun und wartet auf den nächsten Stuhlgang.
„Toll gemacht“, das Endo streichelt zufrieden das Objektiv und schlängelt sich züngelnd um die nächste Ecke. Da – du glaubst es nicht – schmusen zwei Polys, der eine mit total maligner Visage.
Schon hängt ihnen die Schlinge um die Hälse und schnipp und schnapp liegen die beiden im Entsorgungskanal.
Das Endo jubelt. „Ich bin ein toller Hecht“ und funkt zum Griff an sein Herrchen: „Mission completed.“
Aber du hast von all dem nichts mitbekommen. Etwas mürbe erwachst du aus dem Koma, die Assistentin informiert dich über das, was jetzt wichtig ist und fragt: „Holt Sie jemand ab?“ „Sicher“, lügst du, „meine Frau“, dämmerst noch 10 Minuten vor dich hin, bis die Kräfte sich wieder aufgebaut haben, lässt dir von Dr. Mordhorst deinen Darm erklären – „Das haben wir doch supi gemacht“ – packst müde zusammen, steigst müde auf dein Fahrrad und radelst schon etwas munterer heim und jubelst im Fahrtwind: “ Shortbread und Strudel, das is’n fein Gericht, Paella und Pizza, was Bessres findst du nicht.“
Zuhause haust du dich eine Stunde ins Bett, und dann geht das pralle Leben weiter: Es ist Paella-Time – Reis satt, da hat der Darm was zu tun.
Die Frau schickst du ins Grüne, denn gleich wird die Küche aussehen, als hätte die Bombe eingeschlagen.
Und dann stellst du dir bereit: …
Ich bin total schlapp. Gebt mir eine Woche, dann geht es weiter.
So ein Pensionär hat es schon schwär. Sonnenschein, immer Sonnenschein, die ganze Woche nur Sonnenschein. Da kannst du dich doch nicht an den Computer setzen, da musst du doch aktiv durch die Wälder und Felder brausen, per Fuß, per Fahrrad oder per Bonnie und ihrem zwei Zylindern.
Und wenn denn doch mal die Puste ausgeht, dann bildest du dich im Sonnenschein weiter: per SPIEGEL über die ehrenwerten Gesellschafter dieser Welt wie z.B. Deutscher Fußballbund oder VW oder über die bizarren Bocksprünge der Immigrationsstrategien.
Oder per italienischem Krimi (verdammt, Freud lässt grüßen) für den nächsten Italienurlaub.
Aber ich rede und rede. Wir waren bei der Paella stehen geblieben. Die Sonne ist weg. Ich sitzte am Rechner.
Also die Paella, genau genommen die Paella Valenciana auf Hühnerfleischbasis, das Kaninchen habe ich gestrichen. Bevor es losgeht musst du einiges bedenken:
Psychologische Voraussetzungen: Da wir nicht jeden Tag eine Paella machen, da wir auch nicht mit einer Großmutter aufgewachsen sind, die ihren Kindern, Enkeln und Großenkels die Paella in die Gene gepflanzt hat, brauchst du Mut mit einem ordentlichen Schuss Verwegenheit, die kurz vor dem Todesmut in die Bremsen tritt. Du lässt dich ein auf echtes Abenteuer.
Aber sei versichert: Du musst zwar einen Berg an Zutaten organisieren, aber der Kochvorgang ist einfach.
Reis: Die Paella ist vor allem ein Reisgericht. Die verschiedenen Zutaten dienen dazu, dem Reis seinen Geschmack zu geben. Daher gehört in die ordentliche Paella der spanische Bomba Reis. Eine Tasse Bomba Reis nimmt drei Tassen Flüssigkeit auf. Dieser Reis ist aber in Deutschland schwer (und wenn, dann für viel Geld) zu bekommen, daher nehmen wir den Arborio, der jedoch pro Tasse Reis nur zwei Tassen Flüssigkeit aufnimmt, aber schön flockig wird.
Pfanne
Die Paella-Pfanne ist ein schwere Eisenpfanne mit Deckel und halbhohem schrägen Rand ohne Stil, aber mit zwei gegenüberliegenden Griffen. So kannst du sie auch in den Ofen stellen.
Sie oder etwas Ähnliches (schräger oder gerade) brauchst du, und wenn sie beschichtet ist, dann ist es kein Fehler, denn eine gute Paella will am Boden braun und leicht krustig sein, dann hat sie den Ritterschlag bekommen, und da ist eine Beschichtung sehr hilfreich.
Und wenn sie fünf Liter fasst, fliegt dir beim Rühren nichts durch die Gegend.
Bedenke: Du musst für deine Pfanne eine ausreichend große Kochstelle/Herdplatte haben.
Safran: So will es die Restaurantküche. Safran war und ist jedoch ein ausgesprochen teueres Gewürz, das sich die spanische Hausfrau vom Lande kaum leisten konnte. Die Spanier nehmen denn auch zum Färben Spigol, eine spezielle Lebensmittelfarbe. Wenn es dir nicht um die Farbe geht, kannst du den Safran ruhig weglassen. Wenn du die Farbe willst, dir Safran aber zu teuer ist oder vielleicht gar nicht schmeckt und kein Spigol findest, greif zu Cucuma oder gehe zum „Türken“ und hole dir türkischen Safran, der kostet nicht viel, ist geschmacksneutral, aber färben, das tut er bestens.
Das brauchst du für 4 Personen
Sofrito (siehe unten)
2 Zwiebeln fein gewürfelt
1 rote Paprika in halbierte Streifen geschnitten
6 Knoblauchzehen sehr klein gehackt.
1-2 Bund Blattpetersilie, gehackt
2 mittelgroße Tomaten, gepellt und gewürfelt (pellen? LINK)
https://lumpinho.wordpress.com/2012/11/02/salade-gourgette-a-la-creole-1/
1 mittelgroßes Huhn oder vier Hähnchenschenkel
Salz, Pfeffer, Paprikapulver, Mehl
3 EL Olivenöl
8 kleine Tintenfische, etwa Calamaretti
200 g Chorizo rosario picante in Scheiben geschnitten
2 Liter Hühnerbrühe, ich nehme eine gute Instantbrühe.
(2 g Safran)
1 EL Butter
500 g Paellareis (Rundkorn wie Arborio)
12 große Muscheln, etwa Grünlandmuscheln. Ich ziehe die saftigeren Miesmuscheln vor. Aber auch Jacobsmuscheln (gefrostetes Fleisch) machen sich sehr gut.
8 Riesengarnelen. Der Optik wegen sind sie ungeschält, der Esskultur wegen schäle ich sie oder kaufe sie geschält (aber roh!!!).
1 Zitrone
1 Limette
So gehst du vor:
1 Du hast eine Menge Zutaten zu organisieren. Lasse dir Zeit und bereite die Einzelteile nacheinander vor, und stelle sie in verschiedenen Behältern bereit
2. Das Sofrito bereitest du als erstes vor (wenn du es nicht schon am Abend zuvor vorbereitet hast)
3. Heize den Backofen auf 200 Grad Ober- und Unterhitze vor.
2. Erhitze die Brühe.
(Bei Safranvariante: 200 ml abnehmen, Safranfäden darin ziehen lassen, ist der Safran pulverisiert, dann rühre das Pulver kurz vor Gebrauch in 50 ml ein.)
3. Du weißt, wie du Tintenfische putzen und ausnehmen kannst. Du weißt es nicht? Setzte Sechs, aber schau mal hier.Siehe LINK n
https://lumpinho.wordpress.com/2012/01/07/das-erotische-menu-tintenfische-nach-neapolitanischer-art-2/
Die präparierten Tintenfisch schneidest du in Viertel . Zusammen mit Chorizo, Zwiebeln, Knoblauch und Paprikastreifen brätst du sie scharf an und stellst alles beiseite.
4. Das Huhn zerteilst du grob: Unter- von Oberschenkeln trennen, Knochensplitter entfernen, Brust zerteilen. Da ich immer Hähnchenschenkel nehme, habe ich es natürlich einfacher
5. Das Fleisch mit Küchenkrepp trocken reiben und dann in 2 EL Butterfett scharf anbraten und beiseitestellen.
6. In der Paellapfanne 2 EL Butterfett erhitzen und darin den Reis ca. zwei Minuten lang einrühren, bis er glasig wird. Dann ein Teil der Brühe vorsichtig hinzugeben, bis der Reis gerade bedeckt ist, eine Minute das Wasser sprudeln lassen, dann das Sofrito und den Pfanneninhalt dazugeben, alles verrühren. Anschließend die Hühnerteile in die Mischung drücken und mit weiterer Brühe auffüllen.
Jetzt die Hitze deutlich zurücknehmen, so das der Reis nur noch köchelt und mit dem Deckel so abdecken, dass noch ein Spalt zum Atmen bleibt. Wenn das Wasser nicht mehr zu sehen ist, den Deckel komplett aufsetzen.
7. Ab und zu den Reis abschmecken und überlegen, ob noch etwas Brühe nachgefüllt werden soll. Wenn er vorsichtig weich wird, aber noch bisshart ist (nach ca. 16-20 Minuten), mit dem Holzlöffel den Reis am Pfannenboden prüfen. Ist der Reis am Boden noch nicht angebacken, für zwei Minuten die Hitze hochfahren.
Wenn der Reis am Pfannenboden fest wird, die Platte ausstellen, die Oberfläche des Reis vorsichtig rühren, damit die trockene Oberschicht in die mollige Mitte kommt, die Tomatenwürfel, die Muscheln und Riesengarnelen auf der Paella verteilen, mit einem Deckel oder Alufolie abdecken und weiter 5 Minuten im Ofen garen.
Aus dem Ofen nehmen, üppig mit Petersilie bestreuen und die Tomaten wie die Meeresfrüchte samt der Petersilie vorsichtig unter den Reis heben.
Nach fünf Minuten Ruhezeit mit Zitronen- und Limettenschnitze servieren.
Nachwort:
1. Welcher Wein dazu? Rot, wegen der Deftigkeit? Weiß, wegen der Meeresfrüchte? Spanisch, weil original, italienisch, weil Mittelmeer?
Ich bin die Frage leid. Wenn du auf Bier stehst, dann nimmt Bier – oder Saft oder einfach klares Wasser.
2. Das ist eine Riesenmenge. Zerlege am nächsten Tag die Hähnchenteile in ihre Einzelheiten und froste alles in 400 (zwei Personen) oder 800 g Packungen ein.
Sofrito – Das brauchst du:
3 Tomaten gepellt und klein gewürfelt.
1 Paprikaschote
1 mittelgroße Zwiebel
2 große Knoblauchzehen
Olivenöl
1 TL Paprikapulver süß oder scharf (je nach Geschmack)
Salz und Pfeffer
So gehst du vor:
Zwiebel möglichst fein hacken.
Paprikaschote in kleine Stücke schneiden.
Den Knoblauch in Stücke schneiden, Salz darüber streuen und mit einer Gabel zu einem Matsch zerdrücken.
Passende Pfanne auf mittlerer Hitze anheizen und die Zwiebel glasig dünsten. Die Tomaten- und Paprikastücke hinzufügen und ca 10 Minuten einkochen lassen. Unter Umständen die Hitzen reduzieren. Unter Umständen auch Olivenöl nachfüllen.
Jetzt den zerquetschen Knoblauch und das Paprikapulver hinzu, die Platte ausstellen und alles noch fünf Minuten auf der Platte köcheln bzw. ziehen lassen.